Nachhaltigkeit am tanzhaus nrw
Ganzheitliche Verpflichtung zur Nachhaltigkeit
Unsere Bühnenprogramme präsentieren bemerkenswerte Perspektiven des zeitgenössischen Tanzes. Besonders setzen wir uns für künstlerisch-choreografische Praktiken ein, die sich kritisch mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzen. Internationale Zusammenarbeit ist dabei essenziell: Der Austausch mit Künstler*innen, Festivals und Netzwerken bereichert unsere Praxis und erweitert den Blick auf globale künstlerische Diskurse. Gleichzeitig sind wir uns der ökologischen Auswirkungen bewusst und suchen nach nachhaltigen Wegen, internationale Mobilität verantwortungsvoll zu gestalten. Die Akademie vereint ebenso aus allen Teilen der Welt stammende Dozent*innen – von Urban Dance über Zeitgenössisch bis zu Kreativem Kindertanz bieten wir so ca. 250 Kurse und Workshops wöchentlich. Hier kommen pro Woche bis zu 1.500 Kursbesucher*innen aller Generationen und Erfahrungsstufen zusammen, die wir in persönlichen Begegnungen im gemeinsamen Austausch für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen sensibilisieren können.
Als Kunst- und Kultureinrichtung und Akademie tragen wir Verantwortung. Seit 2020 erfassen wir unseren Ressourcenverbrauch, um gezielt Maßnahmen zur Reduktion unserer CO₂-Bilanz zu ergreifen. Ein wesentlicher Hebel ist die geplante Sanierung unseres Gebäudes – ein ehemaliges Straßenbahndepot von 1898 – um die Energieeffizienz deutlich zu steigern.
Nachhaltigkeit ist für uns ein Prozess des Lernens und Handelns. Wir setzen uns für eine inklusive, offene und zukunftsfähige Kultur ein. Mehr zu unserem Engagement findet ihr unter CO₂-Bilanzierung & Zertifizierung sowie in unserer Vereinbarung über ein respektvolles Miteinander.


CO2-Bilanzierung und Zertifizierung
Bereits umgesetzte Maßnahmen:
Energie:
- Seit 2021 sukzessive Umrüstung der Bühnen- und Hausbeleuchtung auf LED (aktuell bei ca. 80-90%)
- 2024 Umstellung auf Ökostrom
Einkauf:
- Optimierung der Auflage von gedruckten Programmheften und Plakaten
Produktion:
- Verzicht auf gedruckte Abendzettel – ein zentraler Aushang mit QR-Code ersetzt individuelle Ausdrucke
Mobilität:
- Seit 2024 Einführung der Reisepolicy des Bündnis internationaler Produktionshäuser für Künstler*innen und Mitarbeiter*innenmobilität
2019 nimmt das tanzhaus nrw an der Pilotstudie „Klimabilanzen“ der Kulturstiftung des Bundes teil. Seit 2024 erstellt das Haus fortlaufend Klimabilanzen für das Haus mit dem KBK+ Rechner.
2024/2025 erfolgt eine Zertifizierung über Ökoprofit, im Rahmen des Programms werden Verbräuche analysiert und Maßnahmen für Energieeinsparungen definiert.
Geplante Maßnahmen:
Energie:
- Reduzierung der Vorlauftemperatur um mindestens 5 Grad
- Installation von Bewegungsmeldern
Einkauf:
- Verzicht auf In-House Plakate, Bewerbung stattdessen über hauseigene Screens
- Umstellung der Print-Produkte auf ausschließlich Blauer Engel zertifizierte Rohstoffe
- Umstellung des Tanzbodentapes auf PVC-freie Alternativen
Wasser:
- Installation von leitungsgebundenen Wasserspendern zum vollständigen Verzicht auf Lieferung von Wasserflaschen
Mobilität:
- Einrichtung einer Leihfahrräderflotte für Residenzkünstler*innen sowie Anschaffung eines Lastenrads für lokale Transporte
Unser Netzwerk zur ökologischen Nachhaltigkeit
Seit 2022 tagt die hausinterne Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeit mit Vertreter*innen aller Abteilungen einmal im Monat.
Das tanzhaus nrw ist Mitglied im Düsseldorfer Bündnis für Nachhaltigkeit sowie des Forums nachhaltige Kultur und vernetzt sich regelmäßig regional und überregional im Kontext von Veranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit in Kultureinrichtungen.
Das tanzhaus nrw ist Teil des Bündnisses internationaler Produktionshäuser. Das Bündnis internationaler Produktionshäuser ist ein Zusammenschluss der sieben größten Institutionen der zeitgenössischen performativen Künste in Deutschland. Die Bündnishäuser realisieren gemeinsam über ihre bereits etablierten Programme und Praktiken hinaus besondere und teilweise mehrjährige künstlerische Vorhaben an ihren jeweiligen Standorten. Ein weiterer Schwerpunkt der Bündnis-Arbeit, liegt darin, diese Institutionen für alle nachhaltig zu gestalten. Zur Erreichung dieses Ziels wird häuserübergreifend in der AG Nachhaltigkeit zusammengearbeitet. Im Kontext dieser Zusammenarbeit entstand bspw. eine Reisepolicy.
Produktionen
Nachhaltigkeit auf der Bühne
Bad Bugs
Insekten haben beim Menschen einen zweifelhaften Ruf. Sie stechen und beißen, verkriechen sich in Ecken und Ritzen und sind mit ihren spindeldürren Beinen, ihren Fühlern und Facettenaugen einfach nur ekelig, so die landläufige Meinung. Dabei sind viele Insekten ausgesprochen nützlich und unverzichtbar für das ökologische Gleichgewicht. Die „Bad Bugs“ (die „bösen Käfer“) wollen ihrem schleichenden Untergang etwas entgegensetzen. Mit ihrer gleichnamigen Band reisen sie durch die Lande und kämpfen mit harter Schale, aber einem durchaus weichen Kern, gegen die Vernichtung ihrer Lebensräume. Sie fordern nicht weniger als unsere Solidarität im Kampf gegen die Zerstörung natürlicher Lebensräume und lassen die Zuschauenden teilhaben an der Umgestaltung hin zu einer vielartigen, lebendigen und lebenswerten Umgebung, in der sich Mensch und Tier gleichermaßen wohlfühlen können.
Ocean Cage
Die Solo-Performance Ocean Cage ist in der komplexen und gefühlvollen Erzählung des indonesischen Dorfes Lamalera verankert und umfasst die Verstrickung zwischen dem Wal, den Fischer*innen und den Ahnen. In der Begegnung mit dem Pottwal manifestieren sich die Zusammenhänge eines komplexen Ökosystems und die Basis eines solidarischen Miteinanders. Die Zusammenkunft ist gleichzeitig spirituelle Quelle und Verbindung zu den Ahnen, verwoben wie die Glieder einer Kette, deren Anfang und Ende nicht mehr zu bestimmen sind. Die Besucher*innen sind eingeladen, in den zarten, stillen, geplagten ideologischen Graben einzutauchen, zu atmen und sich in den porösen und undichten Körpern aus Wasser, Säugetieren, Fischer*innen, Balladen, Brisen und Geistern aufzulösen, um über die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Arten nachzudenken und darüber, wie wir die mehr-als-menschliche Gerechtigkeit (neu) verstehen können.
Grün
Haben wir Menschen etwas mit Pflanzen gemeinsam? Auf den ersten Blick unterscheiden wir uns sehr, doch bei genauerer Betrachtung verbindet uns vieles: Wir wachsen, atmen, brauchen Sonne und Flüssigkeit, kommunizieren und vernetzen uns und sind sogar aufeinander angewiesen. Wie hört sich der Atem einer Pflanze an? Wie der Rhythmus, wenn sich Pflanzen bewegen? Wie klingt es, wenn sie sich berühren? Sprechen sie miteinander?
Grün begibt sich mit zwei Tänzer*innen und einer Sängerin auf die Suche nach den Parallelen zwischen Menschen und Pflanzen, erforscht die Art ihrer Bewegungen und Entfaltungen. Der Komponist Jörg Ritzenhoff nimmt uns dabei mit in die Klangwelt der Pflanzen und macht ihre Wachstumsgeräusche erlebbar. Gemeinsam mit den Performer*innen tauchen die Zuschauer*innen in den Kosmos der Pflanzen ein.
THEIR FUTURE
Wie stellen wir uns die Zukunft der nachfolgenden Generationen vor? Welche Gefühle lösen diese Vorstellungen bei uns aus? Wofür kämpfen wir? Und welche Hoffnungen haben wir aufgegeben? Basierend auf Interviews mit Eltern und Menschen, die sich aufgrund der Klimakrise gegen Elternschaft entschieden haben, bringt Antje Velsinger / new trouble mit THEIR FUTURE diese Fragen auf die Bühne.
Natural Drama
Natural Drama spricht über den Körper als ein Gebiet, das durch Konzepte von Natur und Natürlichkeit markiert wird und stellt Darstellungen und Konstruktionen des sogenannten weiblichen Körpers in Frage. Die Inspiration für diese Auseinandersetzung findet Sorour Darabi im Leben und Werk der Tänzerin Isadora Duncan und der iranischen Prinzessin, Intellektuellen, Schriftstellerin, Malerin, Feministin und Pionierin für Frauenrechte Zahra Khanom Taj Saltaneh.
Hier im Interview lest ihr mehr zu Umwelt und Nachhaltigkeit in Natural Drama.
Humane Methods [ΣXHALE] #1 - #4
Die transdisziplinäre Gruppe Fronte Vacuo, bestehend aus Marco Donnarumma, Margherita Pevere und Andrea Familari arbeitet mit Performance als sozialem Experiment. Nach einem Jahrzehnt der individuellen Arbeit in den Bereichen Bildende Kunst, Medien und Performance gründete sie sich 2019 in Berlin als Reaktion auf das Zusammenspiel von ökologischer Zerstörung, soziopolitischer Polarisierung und technologischem Fortschritt. Die Komplexität dieser Mensch-Natur-Algorithmus-Verflechtungen findet sich in dem formalen Ansatz von [ΣXHALE] wieder. Das Stück ist die dritte Staffel ihres Langzeitprojekts Humane Methods, in dem die Gruppe einen kritischen Blick auf eine Welt wirft, in der systemische Intoleranz, Umweltzerstörung und unmoralische, technologische Entwicklungen eine allgegenwärtige Struktur der Gewalt geschaffen haben.
Vástádus eana/The answer is land
Die Choreografin und Regisseurin Elle Sofe Sara kreiert mit Vástádus eana/The answer is land einen Raum für die komplexen und widersprüchlichen Emotionen, welche die Ausbeutung und Zerstörung unseres Ökosystems auslösen. Eindringlich widmet sie sich der Verbundenheit von Menschen und Natur, dem Lebensraum, den wir alle teilen, und der Kraft, die entsteht, wenn Menschen zusammenstehen, Teil einer Gemeinschaft sind. Die Choreografie ist inspiriert von Demonstrationen und Aktivismus, sámischen spirituellen Praktiken und Formationstänzen.
Climatic Dances
Mit Climatic Dances erforscht Amanda Piña den gegenwärtigen Verlust der kulturellen und biologischen Vielfalt des Planeten. Die Choreografin konzentriert sich besonders auf die Art und Weise, wie sich unsere Vorstellungen der Erde im Laufe der Zeit und durch verschiedene historische Genealogien und Ontologien verändert haben. Zentraler Punkt der Performance bildet die Auseinandersetzung mit einer Landschaft aus Amanda Piñas Biografie genauer gesagt einem Berg in den zentralen Anden in Chile, der heute durch den äußerst kritisch diskutierten Neo-Extraktivismus – Rohstoffabbau im Rahmen neoliberaler Marktwirtschaft – zerstört wird. In Climatic Dances wird dieser Berg zu einem Ort, von dem aus Leid und Wut geteilt, betrauert und aufgehoben werden kann. Zwei Tänze aus dem nördlichen Hochland von Puebla in Mexiko, „Tipekajomeh“ und „Wewentiyo“, die vom indigenen Volk der Masewal im Kontext von Klimawandel und exzessivem Bergbau aufgeführt werden, bilden den Ausgangspunkt für eine Reise in die Tiefen dieses bedrohten Berges. Eine magische Aufladung dessen, was die moderne Wissenschaft „Geologie“ nennt.
Karolin Henze
Nachhaltigkeitsbeauftragte & Transformationsmanagerin
Karolin Henze ist Kulturwissenschaftlerin und Nachhaltigkeitsbeauftragte des tanzhaus nrw. 2024 hat sie die Weiterbildung des Aktionsnetzwerks Nachhaltigkeit zur Transformationmanagerin Nachhhaltige Kultur absolviert und ist Projektkoordinatorin für die Zertifizierung des Hauses durch das Programm Ökoprofit.
khenze@tanzhaus-nrw.de
0211 17270-74