Give Me A Reason To Live

Claire Cunningham
Kleiner Saal
Termine
02.10.2017 – 03.10.2017
Claire Cunningham steht mit ausgestreckten Armen und Krücken in den Händen auf einer spärlich beleuchteten Bühne.

Die apokalyptischen Darstellungen der Welt des Renaissancemalers Hieronymus Bosch beinhalten immer wieder Motive Behinderter als Bettler*innen. Die Choreografin Claire Cunningham nimmt diese Bilder zum Ausgangspunkt für eine einfühlsame Reflexion der dort dargestellten Verbindung von Sünde und körperlicher Differenz sowie den damit einhergehenden religiösen, moralischen und politischen Überzeugungen. Mit ihrem Solo, in dem sie ihren eigenen Körper der schonungslosen Betrachtung und physischen Belastung aussetzt, stellt sie auch unsere gegenwärtige Wahrnehmung vom Anderen und dem Anderssein infrage.
Diese Arbeit von großzügiger, aber auch brutaler Unmittelbarkeit fordert uns auf, unsere eigene Empathie, Sympathie oder Indifferenz zu überdenken. Dahinter steht die These, dass sich eine Gesellschaft angesichts zunehmender Verunsicherung – wie bereits zu Boschs Zeiten – gegen diejenigen wendet, die als am schwächsten wahrgenommen werden. So widmet die Choreografin ihr Solo den Opfern der nationalsozialistischen Euthanasieprogramme ebenso wie jenen, die heute den Sozialhilfekürzungen und diskriminierenden Effekten der britischen Sozialreformen ausgesetzt sind. Claire Cunninghams markante Bewegungssprache trifft auf die hypnotisierenden Klänge der Soundkünstlerin Zoë Irvine und gipfelt im Gesang einer Bach-Kantate.
Die in Glasgow beheimatete ausgebildete Sängerin und Choreografin versteht ihre Kunst gleichzeitig auch als Aktivismus und hat aus ihrer spezifischen Körperlichkeit einen eigenen Tanzstil auf Krücken entwickelt. Claire Cunningham zählt neben Ligia Lewis und Choy Ka Fai zu den neuen Factory Artists am tanzhaus nrw.

»Claire Cunningham hat einen ganz einzigartigen, poetischen Stil entwickelt. Sie nutzt die Krücken, um damit über dem Boden zu schweben, sie kämpft mit ihnen, lässt sich tragen.« Anna Pataczek, rbb 24, 19.08.2016

Dauer: 45 Min.

Rahmenprogramm
So 01.10 10:00 – 13:00 Workshop mit Claire Cunningham
Di 03.10. anschl. Gespräch
   

 

Choreografie, Performance: Claire Cunningham; Lichtdesign: Karsten Tinapp; Sounddesign: Zoë Irvine; Cello: Matthias Herrmann; Zusätzliche Musik: Jean Mouton »Nesciens Mater«, J.S. Bach »Den Tod«; Kostüm: Shanti Freed; Mentor*innen: Kristin De Groot, Janice Parker; Produktionsmanagement, Technik: Gregor Knüppel; Produktion: Nadja Dias; Produktionsassistenz: Sheena Khanna. www.clairecunningham.co.uk
Eine Produktion von Claire Cunningham, unterstützt durch die Bosch 500 Foundation, Dance Umbrella, Comune di Bassano del Grappa, La Briqueterie, D.ID Dance Identity, Festival CEMENT, Dansateliers Rotterdam, The Work Room und Dance House.